Mittwoch, 28. Dezember 2016

Raclette du Valais








Raclette du Valais
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Nachdem auch in der Schweiz, bzw. der Raclettekäse für den Export von dort fast nur noch in quadratischer bzw. vorgeschnittener Form für Pfännchen in einer fürchterlichen Blisterpackung erhältlich ist, breche ich nun mit den puristischen Vorstellungen bezüglich meines bisherigen Raclette-Verständnisses. Zwar wechsele ich nicht gleich in die Ananas und Hühnerei Fraktion über, lasse aber nunmehr auch Alternativen zu, die andere wiederum als Anregung für eine gewisse Gleichförmigkeit betrachten könnten. Wobei Gleichförmigkeit bei bester Qualität und entsprechendem außergewöhnlichem Geschmack, bei mir für ein Raclette eigentlich ein Optimum darstellt und letztlich nur noch bei den letzten kleinen Käsereien direkt in der Schweiz z.B. in Form eines Raclette du Valais AOP zu finden ist.

Solch eine Art und Weise durfte ich bereits als Kind in Form des damals handwerklich hergestellten Rohmilch Raclettekäses aus St. Niklaus im Wallis kennenlernen. Auch heute wird er noch als runder Laib hergestellt, ursprüngliche Aromen, voll im Geschmack immer rezenter (kräftiger) mit zunehmendem Reifegrad. Geschmierte Rinde und eine weit verteilte kleine Lochung in seinem zarten und weichschnittigen Teig, zeichnen diesen Käse nach einer Reifezeit von ca. 5 Wochen aus. In Deutschland wird vor allem die zugänglichere Variante „Alt-Senn“ (nicht aus St. Niklaus) über Emmi vertrieben, hoffe ich jedoch, dass weder die Überbleibsel der damaligen Herstellerfirma Rutz, die sich für den Walliser Raclettekäse verantwortlich zeichnete, noch heutzutage der Übernahmepartner Emmi Group in Luzern zu viel Einfluss im Sinne eines „massentauglichen“ Käse nimmt.

Alternativ bietet die Firma Arnold Walker AG in Bitsch ebenfalls einen sehr guten mildwürzigen Rohmilch Raclettekäse aus dem oberen Wallis an, dafür verwendet sie die Rohmilch von Bergbauern aus dem Goms und Aletschgebiet. Ebenfalls einen Rohmilch Raclette produziert die Sennerei Obergesteln aus dem Oberen Goms. Beide liefern einen Teil ihrer Produktion an die Alpgold Genossenschaft ab.



Auf der nördlichen Seite des Schweizer Alpenhauptkamms im Gebiet Unterwalden (Kantone Nidwalden und Obwalden) gibt es noch eine Variante des Raclettes. Sie ist zudem vermutlich auch noch älter und dort eine besondere einheimische Käsespezialität, der im Geschmack etwas mildere Bratkäse.  Heute ein vollfetter Halbhartkäse, der als flacher kleiner Laib oder dicke Scheibe auf jeder Seite einmal angebraten und mit rotem Paprika gewürzt angerichtet wird. Dazu gibt es ebenfalls Pellkartoffeln, die Gschwellti oder einfach nur Brot. Eine andere Zubereitungsart ist die, dass er zusammen mit Apfelmost in einer Pfanne, ähnlich dem Fondue, geschmolzen wird. Bratkäse wurde für Unterwalden bereits im 12. Jahrhundert erwähnt und ist somit dort vor der Einführung von Lab für die Käserei im 15. Jahrhundert bekannt. Solch ein Käse von damals erinnert heute allerdings mehr an einen mildgesäuerten Magerkäse unserer Zeit. Die Herstellung von Bratkäse im Tal und nicht auf der Alp, spricht auch für eine Produktion zum reinen Eigenverbrauch. Die Käserei Seiler in Sarnen fertigt dort einen sehr guten modernen Bratkäse sowie auch Raclette.

In Österreich kast die Sennerei Rehmen in Au im Bregenzerwald einen guten milden Raclettekäse.

Aus Savoyen in Frankreich kommt ebenfalls abseits der Massenproduktion schön gereifter Raclettekäse vom Affineur Schmidhauser in Alex in der Nähe des Lac d’Annecy. Ein guten mildwürzigen Raclette de Savoie namens Raclette des Alpes in größeren Mengen stellt auch Spinner-Verdannet her. 

Der Name Raclette leitet sich vom französischen Verb racler für abschaben bzw. abkratzen ab. Damit erklärt sich auch die Art wie es in seiner Urheimat, in den Gebirgstälern des Schweizer Wallis seit Anbeginn zubereitet wird. Der Laib wird halbiert und auf der Schnittfläche erhitzt bis er schmilzt, so dass der geschmolzene Teil mit einem speziellen breiten Raclettemesser abgeschabt werden kann. Dazu gibt es traditionell Pellkartoffeln und eigelegtes Gemüse wie Cornichons und Silberzwiebeln. Geschmolzen wird im Wallis das Raclette bei ausreichender Gästezahl klassisch nach alter Art auf einer Granitplatte gegenüber einem offenen Feuer oder ein halber Laib mit entsprechender elektrischer Apparatur an der Schnittfläche geschmolzen. 


Überregional bekannt wurde das Walliser Raclette erstmals bei der Landesaustellung in Lausanne 1964. Die Besucher aus dem Waadtland entdeckten damals die Spezialität ihrer Nachbarn aus dem Wallis und es verbreitete sich von da aus schnell in der ganzen Schweiz. Heute hat sich das Verhältnis der Racletteproduktion des Wallis zur Restschweiz auf 1:5 verschoben. Im Wallis wird dafür immer noch fast ausschließlich Rohmilch (Raclette du Valais AOP) verwendet. Die in der Restschweiz hauptsächlich verwendete pasteurisierte Milch macht zwar den geschmolzenen Käse etwas cremiger, jedoch ist er dann dadurch geschmacklich nicht so ausgeprägt.
 


Nun zum Frevel:

Was eignet sich auch als Raclettekäse Alternative? Da wäre zum einem der Reblochon (junge Rinde genießbar), der Saint-Nectaire (Rinde ohne Schnimmel genießbar), Morbier (Rinde nicht essbar), Beaufort (Rinde nicht essbar), Comte (Rinde nicht essbar), Gruyere (Rinde nicht essbar) und natürlich der Appenzeller (Rinde jung genießbar).

Welches Gemüse eignet sich außerdem als Beilage zum Raclette: Statt der Pellkartoffel kann man auch die Kartoffeln (z.B. Bamberger Hörnchen mit Schale) halbiert im Rohr für ca. 30 Minuten bei 180° C backen. Weiterhin blanchierte Zucchiniwürfel, Broccoliröschen und Fenchelstreifen. Sowie roher Stangensellerie und milde dünne weiße Zwiebelscheiben. Kurz angebratene Chicoreestücke, Auberginenwürfel oder Champignonscheiben.

Anbieten würde sich zudem eine Kombination von dünn geschnittenem Schinkenarten wie Bresaola oder Coppa.

Exotische Alternativen wären dünne Streifen von Noriblättern, eine Mischung aus grob gehackten Sardellen und Kapern, getrocknete schwarze Oliven oder getrocknete Tomatenstücke.