Dienstag, 14. Juli 2015

Boston Butt Cut - Schweineschulter mit Nackenstück für Pulled Pork




Schweineschulter mit Schulterblatt und Nackenstück für Pulled PorkDer Boston Butt Cut ist vom Schwein ein amerikanischer Zuschnitt an einem Stück und zwar von der Schulter mit dem Schulterblattknochen und dem Nackenstück (auch Kamm, Halsgrat oder Schopfbraten genannt) ohne Knochen. Vielleicht kann ihr Metzger noch ein paar Kunden dazugewinnen, wenn sie ihm erklärt haben, was sie wollen. Es ist sozusagen der ganze vordere Bug mit Schulterblatt oder zeigen sie ihm einfach ein Bild von dieser Seite, es sagt oft mehr als tausend Worte. Der Begriff Boston Butt, kommt von den früher zur Lagerung benutzten Fässern (Butt) und nicht von einem an den Hals gewanderten „hinteren“ Körperteil des Schweins.

Für die Zubereitung von Pulled Pork ist die Kombination der beiden Teilabschnitte perfekt. Die Schweineschulter (auch Vorderschinken) mit Knochen bekommt durch die lange Garzeit das volle Aroma vom Knochen mit und der Schweinenacken (Vorderteil des Kotelettstranges) ist leicht mit Fettäderchen durchwachsen, dadurch ist es etwas saftiger als die Schulter. Beides zusammen vermischt, macht dann den unvergleichlichen Geschmack aus.

Klassisch wird es über lange Zeit (über 10 Stunden) bei niedriger Temperatur (zwischen 100 und 115 °C) im Smoker gegart. Wobei die Behandlung mit einem Rub und das anfängliche räuchern, dem Fleisch eine aromatisch rauchige Geschmacksnote gibt. Am Ende der Garzeit wird das Ganze noch glasiert (glaze) und nach dem zupfen des Fleisches mit wenig Würz- oder Bratensauce verfeinert. Am besten schmeckt es im Hamburger Bun mit Coleslaw oder hier bei uns mit unserem Kartoffelsalat in der Essig und Öl Version mit Gewürzgurken.

Wer einen Holzkohlegrill besitzt, kann das Fleisch auch mit ganz geringer Luftzufuhr indirekt für eine Stunde auf den Grillrost legen und bei niedriger Temperatur, d.h. nicht über 125 °C, das Stück mit einem großen trockenem Apfel- oder Kirschholz räuchern und dann der Backrohr Variante folgen. Hat den Vorteil, da sich die Temperatur vor allem in einem Kugelgrill nicht perfekt regulieren lässt, dass man in den mindestens 10 Stunden auch noch etwas Zeit für andere Dinge hat.

Wer nochmals 20 Stunden mehr Zeit hat, kann das Ganze auch mit einem Rindernacken zubereiten. Hier wird etwas kräftiger gewürzt, vor allem mit Chili, Pfeffer und Meersalz oder karibisch als Barbacoa.

Danke für das Bild von JikadaEin nettes Geschenk für Pulled Pork Spezialisten sind die Bear Paws aus Nordamerika. Sie sind speziell entwickelt worden, um das Fleisch zu zerrupfen bzw. zu zerreißen.  Man kann aber damit auch alle Formen von großen Fleischstücken auf dem Grill schnell und sicher wenden. Vorsicht: nichts für Kinderhände! Bekommen kann man sie z.B. bei einem großen ehemals reinen US Buchversender. 

Der Crock-Pot ist ein amerikanisch-kanadisch-englischer Schongarer der vor allem Energie bei der Zubereitung gegenüber dem Backrohr spart. Nicht immer passen aber die großen Stücke des Boston Butt in so einen Crock-Pot!

Was das Räuchern betrifft: Weniger Rauch ist hier mehr! Fleisch kann nur im rohen Zustand die Raucharomen gut an der Oberfläche aufnehmen bzw. anheften. Das Räuchern über mehrere Stunden führt bei Temperaturen über 65 °C zu nichts außer, dass es später nach gar nichts mehr oder nur noch nach bitterem Rauch schmeckt. Natürlich geht da beim Grillgut keine Rauchklappe zu und der Räuchereffekt hört auf, aber es wird für den Rauch immer schwieriger sich am Fleisch anzuhaften je trockener und wärmer die Kruste wird. Die Raucharomen dringen auch nicht in das Fleisch ein, sondern befinden sich nur an der Oberfläche, was hier aber später durch das „pullen“ des Boston Butt zu einer gleichmäßigen Verteilung führt.

Zudem sollte die Rauchfarbe beim Räuchern einen leichten Stich in Blaue haben, einfach mal ohne Fleisch solo ausprobieren. Bläulicher Rauch zeigt an, dass das Holz weder zu heiß noch zu kalt verschwelt und optimale Aromen an das Grillgut abgeben kann. Schwarzer bzw. grauer Rauch bedeutet, dass der Sauerstoffgehalt am Räucherholz im Grill zu gering ist. Weißer Rauch wiederrum weist auf einen starken Sauerstoffgehalt hin, wie etwa beim Anzünden, das Grillgut wird sehr („zu“) stark geräuchert. Was am Anfang, wenn das Grillgut noch kalt ist, kein Problem darstellt, ebenso wenn nur ganz kurz und heiß gegrillt wird, wie für Burger und Steaks. Nebenbei, ein sauberer Grill trägt sein übriges mit dazu bei, also Grillrost und Innenwände sauber halten.

Die zum Räuchern benötigte Gewichtsmenge liegt bei Holzkohle Grills ungefähr bei 220 g bis 250 g Räucherholz und wenn es nicht mehr raucht, nochmals zwischen 50 g und 100 g. Gasgrills haben eine viel stärkeren Luftdurchsatz und benötigen ungefähr die doppelte Menge Holz. Jeweils für Rind und Schwein und bei Huhn und Fisch die Hälfte nehmen, Räucherfische benötigen Räuchermehl ohne Kohlen bzw. Gas.





Schweineschulter mit Nackenstück (Boston Butt Cut) für Pulled Pork
Boston Butt Shoulder for Pulled Pork
20150711toko







Vorbereitung am Vortag, allgemein:
 

Zutaten für den Rub am Vortag, allgemein:





Zutaten Fleisch, allgemein:

>3 kg Schweineschulter mit Knochen und anhängendem Nackenstück, Boston Butt Cut, Beschreibung siehe oben




Zubereitung bzw. Vorbereitung am Vortag, allgemein:

Das Fleisch im Ganzen säubern und trockentupfen und eventuelle Knochensplitter, getrocknetes Blut- bzw. Fleischsaft entfernen. Beim Vakuumieren in der Metzgerei wird oft Blut aus den angesägten Knochen gezogen.

Fettstücke so gut wie möglich an der Oberfläche des Fleisches, vor allem an der Unterseite des Teilstücks entfernen. Es bringt nichts, ausgelassenes Fett beim Braten zu sammeln, wichtiger ist das Fleisch mit Dry Rub zu würzen und nicht das Fett! Die Oberfläche soll eine krosse Kruste erhalten und nicht eine schwammige Fetthülle. 

Ausgewählten Dry Rub, z.B. Meathead's Memphis Dust in das Fleisch einmassieren und in einem Folienbeutel verschlossen über Nacht im Kühlschrank einziehen lassen.





Vorbereitung allgemein:

Zutaten für den Mop (für die Glasur am Ende der Garzeit):

250 ml Apfelsaft oder Apfel-Birnen-Most
50 ml Apfelessig
50 ml Ahornsirup




Zubereitung Mop:

Alles Zutaten miteinander vermischen und in eine Sprühflasche für Lebensmittel füllen.




Küchenutensilien allgemein:

Kerntemperaturmesser (zwingend)
Smoker für „low and slow“ Zubereitung oder Backrohr bzw. Crock-Pot (was nicht schneller geht)
Sprühflasche, Silikonpinsel oder BBQ Mop (schlecht zu reinigen!)
große Gabeln zum zerzupfen des Fleisches oder Bear Paws





Zubereitung im Smoker bzw. BBQ/Gasgrill:


Weitere Zutaten Smoker bzw. BBQ:

Boston Butt mit Rub über Nacht gereift
ein großes zum Grill passendes Stück Kirsch- oder Apfelholz, sehr trocken und sauber, zur Not Nuß- oder Apfelholzchips/-Pellets


Barbecue Sauce nach Wahl, wenn es sein muss



Weitere Küchenutensilien Smoker bzw. BBQ:

bei Gasgrill, zweite Gasflasche bzw. Füllstand prüfen
Küchengarn, wenn nötig
Temperaturfühler
    am Smoker mit Kerntemperaturmesser oder portables Gerät zum Messen der Kern- und Garraumtemperatur
Tropfschale





Weitere Zubereitung BBQ mit Smoker bzw. Holzkohlegrill:

Das Fleisch 2 Stunden vor dem Beginn der Zubereitung aus dem Kühlschrank nehmen. Sollte es sich nur um ein Teilstück des Boston Butt handeln, oder es wurde das Schulterblatt bereits beim Metzger entfernt, dann mit gewässertem Küchengarn das Ganze wieder in Form binden.

Den jeweiligen Grill anfeuern und auf 105 °C / 225 °F Garraumtemperatur einstellen. Das Boston Butt auf die indirekte Seite legen bzw. die Stelle für indirekter Rauch oder 2te Zone. Den Kerntemperaturfühler einstechen, so dass die Spitze sich in der Mitte des Fleischs befindet und keinen Knochen getroffen hat. Das Räucherholz (Menge siehe oben) auflegen bzw. zur Kohle legen und den Deckel schließen. Kerntemperaturmesser auf 91 °C einstellen. Nun beginnt die Zeit für andere Dinge…

Zwischendurch jede Stunde einmal die Temperaturen überprüfen und entsprechend nachregeln. Die Garraumtemperatur darf auf keinen Fall länger über 130 °C / 265 °F steigen über 150°C / 300 °F war alles umsonst! Nach 45 Minuten kontrollieren ob es noch raucht und wenn nicht nochmals die Hälfte an Räucherholz nachlegen. Räucherzeit je nach Gusto,  also Intensität des Rauchgeschmacks zwischen 1 und max. 2 Stunden.

Bei einer (Kern-)Temperatur von 70 °C beginnt das Fleisch ummantelnde Kollagen sich in wässriger Umgebung in Gelatine umzuwandeln. Dadurch wird das Fleisch wieder fähig, Wasser zu binden, es wird also weicher. Die Muskel selber können kein Wasser mehr binden (austretender Fleischsaft) nur die sie umgebende Gelatine. Bei 80° C kann der Wasser-/Fleischsaftverlust bereits bis zu 30% betragen, das Fleisch wird nun fest, ist aber mürbe.

Hat die Kerntemperatur nach ca. 10 bis 14 Stunden die 87 °C erreicht, glasieren sie das Fleisch leicht mit dem glaze aus der Sprühflasche. Schnell arbeiten und sofort wieder den Deckel schließen, da jedes öffnen die Garzeit ungefähr um 10 Minuten verlängert. Bei 88 °C und 89 °C das Glasieren wiederholen, es verbessert die würzige Kruste.

Wenn die Kerntemperatur von 90 °C erreicht ist, können sie die erreichte Weichheit auch am Schulterblatt prüfen, ziehen sie leicht am Knochen, er löst sich dann sofort. Sie können auch eine Gabel in das Fleisch einstechen und diese um 180 Grad drehen, es sollte mit wenig Widerstand funktionieren, natürlich dürfen sie dabei keinen Knochen treffen.

Je nachdem, wann sie das Pulled Pork benötigen, können sie es ohne weitere Hitze bis zu 45 Minuten auf dem Grill lassen oder für längere Zeit mit Alufolie dicht  abgedeckt in ein Backrohr stellen. Dabei dann den Kerntemperaturfühler eingesteckt lassen und die Temperatur nicht unter 65 °C fallen lassen, sonst wird die Kruste weich und die Textur des Fleisches leidet ein wenig! Wer es transportieren muss, packt es ebenfalls dicht in Aluminiumfolie und stellt es zusammen mit einigen Flaschen sehr heißen Wassers (Achtung bei Kindern!) in eine Kiste und füllt die Lücken mit Zeitungspapier bzw. Geschirrtüchern aus.

Das Pulled Pork frühestens eine halbe Stunde vor dem servieren zubereiten. Dazu das Schulterblatt entfernen und darauf achten, dass auch der anhängende Knorpel mit entfernt wurde. Den Money Muscle heraustrennen, er bleibt ganz und auf ihn komme ich in einem nächsten Beitrag zurück. Das Fleisch grob teilen, entweder von Hand, zwei Grillgabeln, den Bear Paws oder wie in North Carolina üblich mit einem scharfen Messer das Boston Butt in dicke Scheiben schneiden. Von Hand ist meines erachtens am besten, da hier die Muskelfasern ohne Fleischsaftverlust getrennt werden können, nur bei sehr großen Mengen ist das Ganze dann zeitaufwendig.

Das Pulled Pork dann gut vermischen, dabei das Innenfleisch mit anfallenden Fleischsaft übergießen und durchmischen, erst dann auch die krosse Kruste untermischen damit später jeder etwas davon bekommt.  

Zum Anrichten gehen die Meinungen auseinander, mit Barbecue Sauce ja oder nein? Ich sage nach Gusto, also jeder nach seiner façon, aber auch auf seinem Teller. Also wird das Pulled Pork in einer vorgewärmten Schale serviert, dazu gibt es dann Brioche Burger Buns, Coleslaw und Teller mit Messer und Gabel. So kann der eine den Rauchgeschmack und die unnachahmliche Saftigkeit genießen, der andere mit einem Brioche Burger Bun sich sein Pulled Pork Sandwich mit Coleslaw Einlage machen und ein anderer alles in Barbecue Sauce ertränken.



Wenn etwas übrig bleibt:                                                          

Pulled Pork lässt sich ohne Probleme in einem Gefrierbeutel gut verschlossen im Kühlschrank lagern. Immer im Beutel und über dem Wasserbad, Backrohr oder auf geringer Stufe in der Mikrowelle wieder aufwärmen. 
Mit etwas vom Fett, dass beim Garen angefallen ist, bei großer Hitze kurz in der Pfanne crispy zu mexikanischen Carnitas braten und mit Tomatenwürfeln, Cilantro zu Tacos oder Burritos reichen (siehe auch Weizentortilla).

In einen Fladen mit Salat, Mais, Frühlingszwiebeln und Tomaten zu einem Wrap wickeln.

Mit Paprika- und Tomatenwürfeln, Knoblauch und Zwiebeln in einen Palatschinken wickeln. Mit zusätzlichem Paprikarahm als Sauce und noch etwas Kümmel in der Füllung wird daraus ein Hortobagyer Palatschinken.






Zubereitung im Backrohr oder Crock-Pot:

Weiter Zutaten für Zubereitung im Backrohr oder Crock-Pot:

2 EL Senfpulver (nur für Zubereitung im Backrohr)




Küchenutensilien für Zubereitung im Backrohr oder Crock-Pot:

Aluminiumfolie
große Reine oder ausreichender Crock-Pot/Schongarer, soweit vorhanden



Zubereitung nur im Backrohr oder Crock-Pot:

Das Fleisch 2 Stunden vor dem Beginn der Zubereitung aus dem Kühlschrank nehmen. Das ganze Stück Fleisch noch mit dem Senfpulver bestäuben. In drei Schichten Aluminiumfolie eng und dicht einwickeln und in eine ausreichend große reine legen. Bratenthermometer einstechen, so dass die Spitze des Temperaturfühlers in der Mitte des Fleischs ist und anschließen. Backrohr auf 105 °C Umluft einstellen und den Temperaturfühler für die Kerntemperatur auf 92  °C.

Nun dauert es je nach Größe des Stückes zwischen 10 und 16 Stunden bis die Kerntemperatur erreicht wird. Wenn die Kerntemperatur 85 °C erreicht hat, das Fleisch in der Reine öffnen, die Aluminiumfolie entfernen und mit der Glasur besprühen bzw. moppen. Die Flüssigkeit auf der Aluminiumfolie, so gut es geht, in die Reine tropfen lassen und das Fleisch weiter garen bis die Kerntemperatur von 92 °c erreicht ist.

Backrohr ausschalten und die Tür anlehnen und das Fleisch mit etwas Aluminiumfolie abgedeckt für 30 Minuten ruhen lassen. Fleischsaft und eventueller Bratensatz aus der Reine schaben und in einen Topf geben. Bratensaft und Satz mit 3 Esslöffeln Wasser aufkochen und gut miteinander vermischen.

Fleisch mit zwei Gabeln auseinander zupfen und je Kilo Fleisch zwei Esslöffel Bratensaft darüber geben und vorsichtig unterheben. In der noch warmen Reine oder in einer vorgewärmten Schüssel servieren.

Wenn etwas Übrig bleibt, Resteverwertung siehe oben unter: Weitere Zubereitung BBQ mit Smoker bzw. Holzkohlegrill












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