In
den goldenen 20er Jahren des letzten Jahrhunderts soll er in den Südstaaten und
Mittelwesten der USA ein Klassiker gewesen sein, dann geriet er im Laufe von 20
Jahren langsam in Vergessenheit und seine Popularität nahm ab. Nur kleinste
Inseln der Backtradition bewahrten angeblich ihre Rezepte über die Zeit. So auch
das New Yorker Waldorf Astoria Hotel, es backt die Red Velvet Cakes vermutlich seit
den 20er Jahren (wobei erst um 1959 ein „Waldorf red cake“ plötzlich
auftauchte) und sie können auch von nicht Hotelgästen dort erworben werden.
Aus
seinem Dornröschenschlaf erwachte der Red Velvet Cake dann wieder so richtig ab 2000.
Die heutige Magnolia Bakery Kette, welche auch den Cupcake Hype nichts ahnend 1996
startete, hatte zur damaligen Zeit in ihrem einzigen Shop in New York bereits einen
Red Velvet Cupcake im Programm. Vielleicht inspiriert durch einen in
Gürteltierform gebackenen Red Velvet Cake im Kinofilm "Steel magnolias" von 1989.
Sprinkles Cupcakes wiederum, eine Bäckereikette aus Beverly Hills (Erfinder der
Cupcake ATM) verbreitete dann ab 2005 die Red Velvet Cupcakes an der Westküste
der USA.
Nicht vergessen darf man natürlich auch
die Kochikone der USA und Kochbuchautor James Beard, der ab 1935 bis ca. 1980
die amerikanische Küche maßgeblich beeinflusste und sich dem Red Velvet Cake
1972 widmete. Er fand den Kuchenklassiker damals langweilig und uninteressant.
Er überarbeitete die Rezepte die es seit 1840 dafür gab und passte sie der
damaligen Zeit an. Seine drei Rezepte sind heute noch alte Klassiker für den
Red Velvet Cake. Vor allem die Zugabe von reinen Kakaopulver und Zimtrinde
verbesserten die alten Rezepte.
Am Rande, in 2013 hatten Red Velvet Cake Backmischungen bzw. Aromen in den USA bereits wieder einen Anteil von etwas über 4 % an der Kuchentafel. Heute ist der Red Velvet Cake wieder so weit verbreitet, das er auch schon als Cookie existiert.
Am Rande, in 2013 hatten Red Velvet Cake Backmischungen bzw. Aromen in den USA bereits wieder einen Anteil von etwas über 4 % an der Kuchentafel. Heute ist der Red Velvet Cake wieder so weit verbreitet, das er auch schon als Cookie existiert.
Warum
Red Velvet/Roter Samt? Der Teig des Kuchens soll nach dem Backen eine typischerweise
hell- bis dunkelrote bzw. rotbraune Farbe besitzen. Sie soll angeblich dadurch entstehen,
dass das Kakaopulver im Teig durch eine chemische Reaktion mit den anderen
säurehaltigen Zutaten wie z.B. Buttermilch oder durch Zugabe von Essig reagiert.
Im Umkehrschluss, wenn also kein Kakao enthalten ist, ergibt sich eine Rotfärbung
des Teigs nur durch Zugabe von Farbstoff entweder durch z.B. den Saft von Roter
Bete, Himbeermark oder Lebensmittelfarben. Mr. John G. Adams, Inhaber der Adams Extract
Company (heute Adams Flavors, Foods & Ingredients LLC) soll bereits ab den
40er Jahren des letzten Jahrhunderts mit diesem Kuchen geworben haben um den
Absatz seiner Roten Lebensmittelfarbe zu steigern. Das passende Rezept dazu stammt
von seiner Frau Betty Adams. Die hier abgebildete Anzeige stammt aus den 60er
Jahren.
Das
Problem: Herr Coenraad van Houten hat durch seine Erfindung des „Dutch Process“,
was dem Aufschließen bzw. Alkalisieren von Kakaobohnen entspricht, einem die Tour
vermasselt! Zwar schon 1828 entdeckt, aber erst über einhundert Jahre später
weltweit verbreitet, ermöglicht es zwar heute, dass sich Kakaopulver angeblich in
Flüssigkeit weitgehend auflöst (Dispersion) aber vor allem, dass Kakao keinen bitteren
bzw. sauren Beigeschmack mehr hat und sich farblich verdunkelt.
Um
die vielfältigen Aromen der Kakaobohne zu erhalten, muss man diese erst einmal Fermentieren,
was ein natürlicher Prozess ist, jedoch die verwendbare Kakaobohne leider auch
sauer macht. Würde man diese Bohnen nun mahlen, sähe man ein hellbraunes bis rötliches
Kakaopulver. Die Alkalisierung jedoch verändert die Farbe in das von uns
gewohnte dunkle Kakaobraun, eine entsprechende Röstung gibt und dann noch
farblich den Rest. Nur eine minimale alkalische Behandlung mit entsprechender kühler
Röstung würde ein rötliches Kakaopulver ergeben. Die Anthocyane genannten
Pflanzenfarbstoffe, welche auch den Rhabarber rot und die Blaukraut blau
erscheinen lassen, verändern bereits zum größten Teil ihre Farben in Brauntöne
durch die Reaktion mit Proteinen bei der Fermentation.
Der
Mythos, dass also entweder das Backpulver oder Buttermilch den Kuchen beim
Backen rötlich färbt, kann also hiermit zu den Akten werden. Eigene Versuche
(siehe entsprechendes Foto) zeigen auch nur, dass das Kakaopulver mit
Backpulver/Natron in Wasser noch dunkler wird und Buttermilch bzw. helle
Essigessenz (25% Säure) den Kakao nur minimal heller macht und der hellste Ton nur
durch die weiße Färbung der Buttermilch entsteht. Auch die letzte Versuchsreihe
mit aufgelösten Schokoladen von Michel Cluizel (noir infini 99%, ohne Foto),
Chocolat Bonnat (noir 100 % Cacao, ohne Foto) und von Domori (100 % Criollo,
auf dem Foto) in Essigessenz, zeugen nur von Verschwendung feiner Schokolade
und kräftigem Essiggeruch in der Küche! Schokoladen deshalb, da hierfür nur
schwach oder keine alkalisierte Kakaobohnen verwendet werden. Auch weist z.B.
ein Rotweinkuchen (Säure im Wein) keine farbliche Veränderung beim Backen in
Richtung Rot oder Orange auf. Die
einzige Möglichkeit zur Rotfärbung bieten also Lebensmittelfarben und rote
Gemüse- bzw. Fruchtsäfte.
Noch
ein anderer Erklärungsversuch im historischen Wirrwarr: vor 130 Jahren nannte
man braunen Rohrzucker da und dort (jetzt wieder die Südstaaten) auch „red sugar“
und jeder Kuchen mit feiner Krume wurde „velvet“ Kuchen genannt. Vielleicht
sind das die ursprünglichen Anfänge der Red Velvet Cakes, die nie rötlich waren,
sondern schon immer braun durch ihren Kakaoanteil. Genauso
wie das Frosting, dass früher ein „Butter Roux Frosting“ oder Ermine Frosting gewesen
sein soll. Es ist merklich hitzestabiler als das heutige „creamy“-Frosting. Dafür
wird Milch aufgekocht, Mehl hinzugefügt und mit Zucker und Butter gebunden.
Red
Velvet Cake
Zutaten
Teig:
250
g Zucker, weiß, fein
125
g Süßrahmbutter, zimmerwarm, kleine Würfel
125
g Margarine oder Shortening/ungehärtetes Pflanzenfett wie Baumwollsamenöl (z.B.
Crisco oder Frivissa)
4
Hühnereier, Klasse M
200
g Weizenmehl, Type 405, gesiebt
6
g Backpulver
100
g Mandelmehl, sehr fein
nicht
alkalisierte, kühl geröstete Kakaobohnen zum Pulver gemahlen oder 4 EL rote
Lebensmittelfarbe, flüssig oder Pulver
75
ml Himbeermark ohne Kerne oder Rote Bete, gekocht und püriert
50
ml Buttermilch
2
EL Vanilleextract
1
TL Kakaopulver
1
TL Ceylon Zimtrinde, sehr fein gemahlen
1
Msp. Nelkenpulver
1
Prise Salz
Zutaten
Frosting:
400
g Staubzucker, gesiebt
60
g Süßrahmbutter
65
g Shortening/ungehärtetes Pflanzenfett wie Baumwollsamenöl (z.B. Crisco oder Frivissa)
½
gestrichen Esslöffel Meersalz, fein
1
EL Vanilleextract
5
EL Vollmilch
Küchenutensilien:
Springform,
28 cm Durchmesser
Tortenbodenschneider
Zubereitung
Teig:
Backpulver
mit dem gesiebten Mehl vermischen. Kleingewürfelte Butter und Margarine mit dem
Zucker schaumig rühren, dann einzeln hintereinander die Eier zugeben. Das gesiebte
Weizenmehl mit dem Backpulver und das Mandelmehl unterheben. Eier, die rote
Lebensmittelfarbe, Rote Bete Saft und Buttermilch miteinander mischen und
ebenfalls gleichmäßig unterrühren, dann das Vanilleextract, Kakaopulver,
Zimtrinde, Nelkenpulver und die Prise Salz ebenfalls mit dem Teig vermischen.
Backrohr
auf 175° C, Umluft vorheizen. Form mit Backtrennpapier auslegen und die Seiten
einfetten, den Teig einfüllen und für ca. 50 Minuten backen, nach der Hälfte
der Backzeit die Oberfläche mit Aluminiumfolie abdecken.
Auf
einem Kuchengitter in der Form auskühlen lassen, den Ring entfernen und mit dem
Tortenbodenschneider in drei gleichhohe Platten schneiden.
Zubereitung
Frosting:
Staubzucker
sieben und die restlichen Zutaten außer der Milch miteinander vermischen. Die
Hälfte des Staubzuckers untermischen ohne das Klumpen übrig bleiben. Restlichen
Staubzucker unterheben und Löffelweise von der Milch so viel zugeben, dass eine
streichfähige Masse entsteht.
Zubereitung
Kuchen:
¼
des Frosting auf einen Boden gleichmäßig verteilen, dann den nächsten Boden
darauflegen und ganz leicht andrücken ohne dass das Frosting herausquillt.
Weiteres ¼ des Frosting gleichmäßig darauf verteilen und den 3. Boden auflegen und ebenfalls
leicht andrücken. Den Rest des Frosting gleichmäßig auf dem dritten Boden und
dem Rand verstreichen. Nach Gusto dekorieren und kühl stellen.
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