Wer
dieses Jahr noch kein Fleisch gegessen hat und nicht zu den Vegetariern zählt,
für den dürfte ein zu Hause an einem Wochenende durchgeführtes Festmahl in Form
einer Uruguayan Parrillada completa ein wenig Ausgleich dazu darstellen
(Parilla ist der Grillrost). Dieses „vollständige Barbecue“ beginnt damit, dass
nicht etwa ein Gas- oder Holzkohlegrill angezündet wird, sondern man mach
zuerst einmal aus aromatischen und auch harzigen Hölzern ein Feuer an seiner
Grillstelle. Optimal ist wer über Obstbaumholz wie Zwetschge oder Kirsche und
auch ein paar dünne Scheite Kienholz verfügt. Wobei manche Kirschbaumsorten
auch bereits harzhaltiger sind und ebenso ein Kiefernwurzelstock, der nach der
Fällung noch für einige Zeit in der Erde belassen wurde (es sammelt sich dann
weiter Kiefernharz im Stumpf an), perfekt dafür geeignet sind.
Wenn
das Feuer herunter gebrannt ist und die verbrannten Äste und Stämme eine grau-weiße
Ascheschicht aufweisen, kann mit dem eigentlichen Grillen begonnen werden. Vorher
aber noch eine Reserve an Glut in eine ungenutzte Ecke für später
schieben. Ein großer Grillrost wird
entweder am Anfang im 35° Winkel über die offene Feuerstelle gestellt oder der
Rost wird etwas höher über den Grill eingeschoben. Das Grillgut wird
traditionell direkt auf den Teller des Gastes mit einem Espeto serviert.
Die
Reihenfolge des Servierens beginnt mit Würsten, gefolgt von Innereien und dann
von Fleisch zusammen mit Gemüse. Der Asadero/Grillmeister ist also bei der
Vielzahl der Möglichkeiten gefordert.
Hauptsächlich
wird in Uruguay und auch in Norden Argentiniens, Boliviens und Peru Rindfleisch
serviert, im Süden Argentiniens also in Patagonien und auch in Teilen Chiles
wird dann Lamm und Schaf bevorzugt. So ist der Rindfleischverbrauch Uruguays
viermal so hoch wie der von Schweinefleisch und dreimal so viel wie der von
Huhn und Geflügel.
Die
Nachfolgende Aufzählung stellt zum einen nur eine Auswahl der bekanntesten
Stücke bei Parrillada dar und zum anderen ist sie nur als Vorschlagsliste zu
verstehen, da es sonst Mengen ergibt die von einer Person ohne gesundheitliche
Bedenken nicht auf einmal zu verzehren sind.
Unten
stehend findet sich noch eine Bemerkung zur Weiderindhaltung in Südamerika, mit
der freundlichen Bitte um Beachtung.
Uruguayan
Parrillada completa
20170717toko
Wurst:
Chorizos Extra Cativelli
Schweinswürste
Morcilla
Eine
weiche Blutwurst oder wie ein weicher Rotgelegter, der süß oder salzig
ausfallen kann und mit Nüssen, Orangenschale und Oliven vermischt werden kann.
Innereien:
Choto
uruguayo
Chinchulines
Dünne
Streifen vom Lammbauchfett und Lamm-Dickdarm von 20 bis 25 cm Länge die mit dem
Dünndarm (Chinchulin) ebenfalls vom Lamm fixiert/umwickelt und an den Enden
gebunden werden. Wichtig ist, keinen Darm vom Rinde oder Schwein dafür zu
verwenden. Ähnlich dem griechischem Kokoretsi, türkischem Kokoreç oder
Sardischem Cordula (hier allerdings vom Zicklein).
Mondongo
Kutteln
aus dem Labmagen dem „vierten Magen“ (nicht jedoch aus dem Pansen-, Blätter-
oder Netzmagen) vom Kalb oder Schaf, von
Talg und Fett befreit und über mehrere Stunden mit Limetten gewässert. In dünne
Streifen scheiden, sie rollen sich dann wie Schnecken zusammen. Man kann auch lange
Streifen schneiden und diese zu Zöpfen zusammenflechten. Indirekt oder mit
Abstand direkt für maximal 30 bis 45 Minuten grillen, sie sollten höchstens
hellbraun werden, so bleiben sie außen knusprig und innen zart. Zu lange auf
dem Grill werden sie gummiartig zäh. Zwischendurch mit Salz bestreuen und mit
Zitronensaft einpinseln. Mit einer Zitronen-Blattpetersiliensauce servieren. Erinnert
in der Textur und im Geschmack an das florentinische Lampredotto.
Neben
dem üblichen Rindfleisch kann auch Schweinefleisch, Lamm. Hähnchen oder
Kaninchen gebraten werden. Als erstes Rindfleisch empfiehlt sich:
Asado
de Tira
Querrippe
oder Shortribs, das Stück unterhalb der Hochrippe, mit oder ohne Knochen. Im Ganzen
als dünne Streifen mit der Rippe, die quer geschnitten werden. Wenn der Knochen
nicht ausgelöst wurde, wie Schälrippchen vom Schwein servieren. Ausgelöst nennt
man das Stück dann auch Leiterstück vom Rind. Die fleischigsten Stücke liegen
an der 4. bis zur 8. Rippe.
Bife/ Pulpón de vacío (Vacio de ternera bei Kalbfleisch)
Das
Flanksteak oder Bavette, also aus der Dünnung der Rinds, dem unteren
Rippenbereich. bei uns zwischenzeitlich auch bekannt, es wird nur kurz aber
sehr heiß geröstet, so dass es außen knusprig und innen zart und saftig ist.
Picanha
Das
Schwanzstück, der Hüftdeckel vom Rind, ähnlich unserem Tafelspitz vom Kalb. Ier
kennen wir es hauptsächlich in der gekochten Version. Wird es wie hier geröstet,
ist es jedoch besonders wichtig, dass unbedingt der Fettdeckel/-schicht auf der
eine Fleischseite verbleibt, da es sonst zu trocken wird. Gegrillt wird das
Fleisch dann zuerst mit der fettreichen Seite nach unten für 25 Minuten. Es hat
sich dann ziemlich rund geformt und wird nochmals auf der anderen Seite
indirekt geröstet. Man kann es auch in breite Streifen schneiden und quer mit
der Fettseite nach außen (wie eine Wurstschnecke) auf einen Espeto spießen. Die
Brasilianer wenden es am Ende noch in einer Mischung aus geröstetem Maniokmehl
und Fett/Butter, so dass es außen sehr knusprig wird.
Es
gibt auch noch ein Picanha aus der Rinderkeule/-hüfte (Nachteil, dass ein Begriff
mehrere Fleischstücke betreffen kann), ebenfalls mit leichtem Fettdeckel. Wer das
Stück im ganzen rösten möchte, schneidet wie bei der Kalbsbrust eine Tasche in
das Fleisch und füllt diese mit einer Mischung aus feingehackten
Knoblauchzehen, gekochtem Schinken, Zwiebeln, einer rohen Kartoffel, einer
Tomate, Blattpetersilie, Oregano, Senf, Olivenöl sowie Chiliflakes, Meersalz
und schwarzem Pfeffer. Näht die offene Seite zu und röstet es ebenfalls zuerst
auf der Fettseite. Darauf achten, dass das Küchengarn nicht verbrennt.
Carne
de Entraña fina
Der
Zwerchfellmuskel in Österreich Kronfleisch oder Saumfleisch bzw. Skirt Steak
des Rind, zählt bei uns zu den Innereien. Ein festes, grobfasriges und aromatisches
Fleisch, da der Zwerchfellmuskel stark beansprucht wird. Nur sehr kurz und heiß
rösten und mit Chimichurri
servieren. Beim Bestellen den Fleischer bitten, das Fett am Muskel zu lassen,
ergibt beim Grillen einen schönen knusprigen Zusatz.
Lomo
de cuadril
Der
kleinere der beiden Muskeln der Rinderhüfte ohne Fettdeckel, auch als
Rinderhüftfilet bezeichnet. Also ohne Mittelsehne wie bei der ganzen
Steakhüfte. Schmeckt am besten wenn es rare zubereitet wird.
Ojo
de Bife
Entrecôte
oder Rib-Eye, Zuschnitt wie bei uns, aus dem Rücken des Rindes geschnitten mit
dem typischen Fettauge. Ergibt ein aromatisches und saftiges Steak.
Pechito
Entspricht
unseren Spareribs.
Carne
Lechón
Teile
vom Spanferkel.
Gemüse:
Beliebt
zur Parrillada sind geröstete und kandierte Süßkartoffel, Ofenkartoffeln
(eigentlich ein portugiesisches Gericht) und Gemüsepaprika. Es ist natürlich
schwierig bei dieser Menge und vor allem Auswahl für Fleischfans auch das
Gemüse an den Mann zu bekommen, deshalb nur geringe Mengen einplanen.
Papa
al plomo/Ofenkartoffel
Kartoffel
mit Schale in Form von einer Ofenkartoffel in Folie auf dem Grill oder kurz in
der Glut gebacken. Die Kartoffel kann mit Butter, Salbeibutter, Speck mit
Cheddarkäse oder nur mit Blauschimmelkäse in Folie gebacken werden.
Man
kann die Kartoffel (mehlig kochende Sorte) erst für ca. 30 Minuten nur in Folie
garen, dann die Folie vorsichtig öffnen, die Kartoffel halbieren und mit einer
Gabel das innere Fruchtfleisch auflockern ohne die Haut zu zerstören und dann
noch mit eine Mischung aus kleingeschnittenem rohem oder gekochten Schinken, Paprikapulver,
geriebenen Käse, Schnittlauch und saurer
Sahne in die Mitte geben und wieder mit Folie verschlossen nochmals für 5
Minuten backen.
Alternativ
die Kartoffel quer in viele schmale Scheiben anschneiden, ohne dass sie unten
durchgeschnitten ist, also die Kartoffel unten weiter zusammengehalten wird und
mit etwas Butter oder Olivenöl beträufeln und noch etwas grobes Meersalz darüber
streuen und ebenfalls in Aluminium-Folie eingewickelt in der Glut oder auf dem
Rost für ca. 30 Minuten garen.
Anhang
Eine traurige Entwicklung
Was
sich für Argentinien langsam zu einem Problem für die Weideviehhaltung
entwickelt hat, ist der um ein vielfaches gestiegene Anbau von Soja. Der
Sojaanbau findet hauptsächlich im Norden Argentiniens statt und so wird auch
die früher als Weideland genutzte Pampa immer mehr in Felder für den Sojaanbau
umgewandelt. Schädlingsbekämpfungsmittelrückstände die zwingend beim Anbau von
Gen-Soja sind, geben dem Boden und Trinkwasser dann noch den Rest in Form von Verlust
an Biodiversität. Es ist also ebenso fraglich ob ehemals für den Sojaanabau
genutzte Flächen, die nun ausgelaugt sind, wieder für die Weideviehwirtschaft
genutzt werden können. Den argentinischen Rindern geht also die Fläche zum
Grasen aus, mit der Folge, dass immer mehr Fleisch aus Argentinien aus Feedlots
nach US-Amerikanischen Muster kommt, also Rinder die die Pampa nie zu Gesicht
bekommen werden. In Feedlots werden die bereits gemästeten Kälber auf
Schlachtgewicht gebracht, das kann mit dem richtigen Futter in fünf Monaten
Turbomast passiert sein, in der Pampa hätte ein vergleichbares Rind ungefähr
drei Jahre benötigt. So waren in den 1990er Jahren die Weiderinder noch
durchschnittlich fünf Jahre in der Pampa vor der Schlachtung unterwegs. Die
mangelnde Bewegung und die schnelle Gewichtszunahme machen sich natürlich auch
besonders in der Fleischqualität und als deutlicher Geschmacksverlust
bemerkbar. Da diese Haltung aber nicht auf dem Etikett vermerkt sein muss, ist
eine optische Unterscheidung schwierig. Eine feine Marmorierung sprich für
Weidevieh, ist aber natürlich im Markt, wenn nur Mastviehfleisch angeboten
wird, nicht vergleichbar. Ist noch ein Stück Fett oder Talk, vor allem an
großen Stücken, vorhanden kann man davon ausgehen, dass das Fleisch aus der
Weideviehhaltung kommt wenn es nicht ganz schneeweiß ist, also leicht in
gelbliche geht, richtige Lagerung natürlich voraus gesetzt. Mastviehfleisch
besitzt in der Regel ganz weißes Fett. Man kann davon ausgehen, dass zumindest
wenn auch eine Endmast von drei Monaten in Feedlots mit eingeschlossen wird,
fast 90 Prozent des Argentinischen Fleisches inzwischen aus solchen
Aufzuchtarten stammt. Solange also mit Sojabohnen auf gleicher Fläche mehr verdient
werden kann als mit Rindfleisch, sieht es für die Gaucho-Idylle am Lagerfeuer in
der offenen Pampa und dahinter grasende Angus- oder Herefordrinder schlecht
aus.
Ein
gutes Steak muss also heute nicht mehr zwangsläufig von einem argentinischen
Rind stammen, eine Alternative bietet Uruguay. Die Grassteppe der Pampa erstreckt
sich über die Grenzen Argentiniens hinaus auch nach Osten Richtung Uruguay aus.
Die Rindfleischproduzenten achten dort ebenso auf Hygiene- und Arbeitsstandards
aber eben auch gleichfalls auf freie Weidefläche, Auslauf, unbelastete
Futtergräser sowie den Verzicht auf die Auffütterung von Kraftfutter und dem
Ausschluss von Hormonen als Masthilfe. Ebenso wie in Argentinien werden in
Uruguay hauptsächlich Angus- und Hereford-Rinder sowie deren Kreuzungen gezüchtet.
Die
Brasilianer züchten dagegen hautsächlich das Hausrind Nelori aus der Zebu Rasse.
Der Name stammt von der Stadt Nellore an der Südostküste Indiens. Die dort indigene
weiße Rinderrasse Ongole sind die Großeltern der Brasilianischen Nelori-Rinder.
Vorteile der Rasse sind gute Tropenverträglichkeit, Parasiten- und Krankheitsresitenz
wie gegen Maul- und Klauenseuche sowie Rinderwahnsinn/Mad Cow Disease und ihr
schnelles natürliches Wachstum. Von ihnen stammt auch das texanische Santa
Gertrudis Rind ab, dass heute in Australien Karriere macht, das Chinesische
Gelbvieh oder Philippinenrind. Geschmack und Qualität des Nelori-Rind ist
ebenfalls sehr gut, doch kommt es nicht ganz an die Angus- und Hereford-Rinder
heran, da es magerer ist und nicht über eine so feine Marmorierung verfügt.
Der
so genannte Sojagürtel reicht zwar nicht nur von Nordargentinien über Paraguay
in das östlich Tiefland Boliviens, auch weite Teile von Südbrasilien und ebenso
Uruguay sind davon betroffen. Argentinische Firmen sind bereits dabei, in
Uruguay mit dem Sojaanbau aktiv zu werden und so konnte sich die Sojaproduktion
auch für das kleine Uruguay zum Exportschlager entwickeln (über 90% Export). Im
Vergleich beträgt der Sojaanbau in Süddeutschland 2015 ca. 12.000 Hektar, in
Uruguay bereits in 2009 ca. 450.000 Hektar, besonders das Campos-Grasland im
Bereich des Río Uruguay ist betroffen
und Uruguay hat damit bereits Bolivien in der anbaumenge überholt. Auch
der Anbau von GV-freien Soja würde für Rindfleischliebhaber keine Trendumkehr
bedeuten, nur der Gesundheit der Menschen und den Böden wäre etwas mehr
geholfen als bei GV-Soja Anbau. Abkommen der BRD und/oder EU im Bereich „Absichtserklärungen
und Abkommen in den Bereichen Bioökonomie“ mit der Absicht in Südamerika mehr
„Biomasse“ zu erzeugen sind nicht gerade Hilfreich. Genießen wir die
verbleibende Zeit des wohl als Luxusgut zu bezeichnenden freilaufenden
Weidlandrinds in Südamerika, solange wir noch können.
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