Sonntag, 29. November 2015

Honigzelten - Weihnachtsplätzchen / German Christmas Cookies / Teil 22



Der Vorläufer der Lebkuchen sind die vor mehr als viertausend Jahren aus Honigkuchen hergestellten Figuren der ägyptischen Soldaten (einen 4200 Jahre alten Honigkuchen aus Ägypten, kann man sich im Pariser Brotmuseum ansehen), die sie als Talisman verwendeten. Von dort gelange dieser Honigkuchen über Griechenland weiter in das römische Reich und das erste schriftliche Rezept des römischen „panus mellitus“ stammt aus der Zeit von 350 v. Chr. und beschreibt es als honigbestrichener und anschließend gebackener Kuchen. Mit den Römern kam der Honigkuchen als Handelsware dann in das barbarische Germanien. Die Mönche sorgten nach dem Untergang des Römischen Reichs dafür, dass die Rezeptur erhalten blieb, man verzehrte Honigkuchen allerdings nicht nur selbst hinter den Klostermauern, sondern versah sie mit Bildmotiven und gab sie an Wallfahrtsorten auch an Pilger aus.

Die Bezeichnung dieser Lebkuchen als Honigkuchen auch deshalb, da die Entdeckung des Rohrzuckers aus Polynesien noch bis zum 17. Jahrhundert auf sich warten ließ und nur Zucker aus Indien mit arabischen Händlern, seit den Kreuzzügen in kleinsten Mengen über Venedig, nach Deutschland kam. Honig dagegen ließ sich in begünstigten Lagen unkompliziert selbst gewinnen. Der Nürnberger Raum wies solche günstigen Boden- und Klimaverhältnisse auf. Im Lorenzer Reichswald, „des Heiligen Römischen Reiches Bienengarten“, ein südlicher Teil des ehemaligen Nürnberger Reichswalds und heute nur noch in Teilen als Waldgebiet erhalten, war ein großer Honiglieferant für Nürnberg und die Klöster der Umgebung. Die noch heute existierende Lebküchnerei Schmidt besaß in diesem Gebiet noch bis in die Nachkriegszeit hinein einen Bienengarten und verwendete den dort gewonnenen würzigen und dunklen Honig für ihre Nürnberger Lebkuchen.

Eine weitere Rolle für Nürnberg als Lebkuchenstadt spielte die gute Anbindung an Fern- und Handelsstraßen, die Nürnberg seit dem frühen Mittelalter zu einem Knotenpunkt für den Handel in Europa machte. Dadurch konnten die Nürnberger Kaufleute immer für ausreichende Gewürzlieferungen aus dem Orient sorgen. Die exotischen orientalischen Gewürze, die allgemein im Mittelalter als „Pfeffer“-Gewürze bezeichnet wurden, galten damals nicht nur als Luxusgut, sondern vor allem auch als Heilmittel. Daher stammt wahrscheinlich auch die heute noch übliche Bezeichnung des Lebkuchenartigen Magenbrot.

Die Lebzelter, welche sich mit dem Handel und der Verarbeitung von Honig beschäftigten, übernahmen von den Mönchen die Rezepte und begannen ab 1400 mit der handwerklichen Produktion in Nürnberg. Dabei stellte man am Anfang eigentlich nur Zelten (wahrscheinlich vom althochdeutschen zelto = flach Ausgebreitetes) her, die aus Mehl, Honig und Gewürzen bestanden und bretthart waren. Man konnte sie eigentlich nur lutschen oder zusammen mit bzw. in Starkbier eingeweicht zu sich nehmen. Dafür waren diese Zelten reich verziert, mit Bilden versehen oder der Teig in Modeln geformt worden, so dass sich ein Bildrelief ergab. Anlässlich des Reichtags 1487 in Nürnberg, ließ der Kaiser Friedrich der III damals 4000 Honigzelten mit seinem Konterfei für die Kinder Nürnbergs backen.  Heute sind diese Modeln gesucht und nur noch wenige beherrschen die Fertigkeit des Modelstechen. Mit Modeln werden auch die Sprigerle bzw. Anisbrötli hergestellt.




Zelten von 1766 und Südtiroler Honigzelten - Weihnachtsplätzchen / German Christmas Cookies / Teil 22
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Zelten nach der Rezeptur der Jungfrau Josepha Fetzerin
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Bei den Zelten der Jungfrau Josepha Fetzerin, aufgezeichnet 1766, gehe ich davon aus, dass ein damaliges Pfund heutigen 460 g und ein Loth ungefähr 16 g entspricht. Erstaunlicher Weise für damalige Zeiten nur mit relativ teuren Zucker und ohne Honig zubereitet!

Zutaten:

6 Eidotter
7 Eier
460 g Zucker, fein
230 g Mehl
230 g Mandeln, ohne Haut gerieben
16 g Zimtpulver
8 g Nelkenpulver
8 g Muskatnusspulver
Schale einer Zitrone



Küchenequipment:

Bienenwachs als Backtrennpapierersatz



Zubereitung:

In einer Schüssel mit dem Schneebesen die Eier und Eigelb verschlagen und mit dem Zucker schaumig rühren. Auf einem Nudelbrett dass Mehl mit den Gewürzen, Zitronenschale und Mandeln vermischen, anhäufen und die Mitte vertiefen. In die Mulde die Zucker-Eier-Masse geben und alles von Hand verkneten.

Messerrückendicke Zelten formen und goldgelb aus einem gewachsten Backblech backen.






Südtiroler Honigzelten

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Zutaten:



250 g Sultaninen
350 g Trockenfeigen, gehackt
75 g Zitronat
35 g Orangeat
50 g kandierte Kirschen (Belegkirschen), gehackt
50 g gemischte kandierte Früchte, gehackt
abgeriebene Schale 1 Orange
250 ml Rum
Saft 1 Orange
100 g Mandeln, Haut abgezogen und gehackt
50 g Walnüsse, gehackt
50 g Haselnüsse, gehackt
100 g Pinienkerne
100 g Weizenmehl, Type 550, gesiebt
125 g Roggenmehl, Type 815 sonst 1150, gesiebt
5 g Hirschhornsalz
5 g Pottasche
1 TL Wasser
½ TL Ceylon Stangenzimt, gemahlen
½ TL Gewürznelkenpulver
½ TL Piment, gemahlen
½ TL Muskat, gemahlen
½ TL Sternanis, gemörsert und gesiebt
1 Prise Meersalz
100 ml Wasser
125 ml Wald-, oder Tannenhonig
für die Glasur:
100 ml Wasser, lauwarm
1-2 EL Wald- bzw. Tannenhonig



Zubereitung zwei Tage vorher:

Etwas von den Nüssen und den Früchten vor dem einweichen zur Seite stellen, sie werden später noch für das verzieren der Zelten benötigt. Am Vortag Sultaninen, Trockenfeigen, Zitronat, Orangeat, kandierte Kirschen und Früchte, Orangenschale mit dem Rum und Orangensaft vermischen so dass alles mit Flüssigkeit bedeckt ist und zugedeckt über Nacht durchziehen lassen.



Zubereitung am Vortag:

Die eingelegten Früchte abgießen und mit den gehackten Nüssen vermengen. Beide Mehlsorten durchsieben, Lebkuchengewürze dazugeben. Hirschhornsalz und Pottasche mit einem TL Wasser auflösen und zusammen mit dem Honig und dem Wasser zu einem Teig verkneten. In Frischhaltefolie einwickeln und über Nacht im Kühlschrank ruhen lassen.



Zubereitung:

Teigkugel aus dem Kühlschrank nehmen und auf Zimmertemperatur aufwärmen lassen, anschließend das Backrohr auf 180° Celsius vorheizen. Teigkugel ausrollen und zu Rechtecken zuschneiden. Mit den restlichen Nüssen und Früchten verzieren und mit etwas Abstand auf ein mit Backtrennpapier ausgelegtem Backblech legen. Je nach Größe für 20 bis 35 Minuten goldbraun backen.

Die Glasur anrühren und die Zelten damit bestreichen. Auf einem Kuchengitter gut auskühlen lassen. Die Zelten in einer Blechdose lagern und zwischen jede Lage, Wachspapier oder Frischhaltefolie legen. Nach zwei Wochen sind sie verzehrfertig, werden jedoch mit zunehmender Reifung noch qualitativ besser.
 





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