Samstag, 25. Juni 2016

Bouillabaisse



Wenn einen schon ein Rezept an der Côte d’Azur verschlägt, hier gleich noch eins hinterher. Ob das Bacon in Cap d´Antibes, das Tétou am Plage de Mirandole in Golfe zwischen Antibes und Cannes oder eben das Chez Camille in Ramatuelle, alle sind berühmt für ihre Bouillabaisse.

Wer jedoch nicht gerade an der Côte d’Azur weilt oder keinen Wert auf monatelange Reservation im Voraus legt, sowie auch die zwischenzeitlich vielleicht als persönlich überhöht empfundenen Preise scheut und auf den Blick am Abend auf die la grande Grenille bzw. den Golfe Juan, tagsüber natürlich über die blauweißen Sonnenschirme oder auf den Phare von Cap Camarat verzichten kann; der könnte sich eine Bouillabaisse auch selbst zubereiten und in seinen eigenen Erinnerungen bei einem Glas Rosé schwelgen. Zugegeben hier nicht ganz einfach durchzuführen, da die Besorgung von den dafür benötigten frischen Fischen nicht so einfach ist, aber zumindest doch alles nur zum Preis von einer oder eineinhalb Personen gegenüber den oben erwähnten Etablissements.

Natürlich besitzen alle in der Provence, die Kochen können, ihr eigenes Rezept für „ihre“ Bouillabaisse und die, die sie lieber nur Essen, haben natürlich auch ihre kritische Meinung dazu. Allen gemein sind aber immer ein Fischfond bzw. Fisch-Bouillon auch Fumet de Poisson genannt, als Grundlage und die Beigabe von ausgesuchten ganzen Fischen. In die Bouillon gehören typische provenzalische Gemüse und Kräuter wie z.B. wildes Fenchelkraut oder Fenchelsamen, Thymian, Knoblauch, Orangenschale und auch Bohnenkraut sowie Safran und Chilis. Bei den Kartoffeln meine die einen schon wieder, dass sie mit gekocht werden sollen, die anderen sind der Meinung, sie separat weichzukochen und dann erst dazu zugeben. Dazu reicht man nach der Zubereitung noch Rouille und geröstetes Knoblauch-Weißbrotscheiben (ähnlich wie für Croûtons, stark geröstet). Ebenfalls wichtig für den typischen Geschmack ist die Zubereitungsart. Der Name Bouillabaisse soll von den Wörten „bouilir“ für „stark kochen lassen“ und „abaisser“ für „sich senken, hier für Hitze reduzieren“ stammen. Auf provenzalisch auch bouli abaissa „koche - schnell und - setze dich“.

Als Basis für die Bouillabaisse benötigt man das klassische Mittelmeer Fisch-Potpourri: Roter Drachenkopf (Rascasse / Scorpion fish), Seeteufel (Lotte de mer oder Baudroie / Monkfish), Roter und oder Grauer Knurrhahn (Grondin / Gurnard), Meeraal (Congre / Conger), Petersfisch (St-Pierre / John Dory) und  Rotbarbe (Rouget barbet/Red Mullet). Von diesen Fischen werden dann später nach dem Kochen die Filetstücke zur Bouillabaisse serviert. Für den Geschmack der Bouillon werden noch Favouilles, eine kleine Strandkrabbe (eine Art von kleinen grauen Krebsen die hier schwer zu bekommen sind, in Frankreich aber auch im Glas als fertige Suppe werden) dazugegeben, die jedoch wie gesagt nicht mit gegessen werden.

Wenn der Drachenkopf ausgenommen wird unbedingt die hoch aromatische Leber aufheben, sie kommt fein zerrieben in die Rouille! Da Fische normalerweise vom Händler ausgenommen werden, diesen also darum bitten.

Kommt nun Wein in die Bouillabaisse bzw. den Fischfond/-bouillon, oder nicht? Zuerst einmal, Pastis auf keinen Fall! Kann man mit einem erhöhten Fenchelanteil gerne in eine einfache Fischsuppe schütten, aber bei der Bouillabaisse geht durch seine Dominanz der feine Geschmack verloren. Am besten vorher zum Apéro trinken. Beim (Weiß-)wein verhält es sich ähnlich, persönlich bevorzuge ich die Variante ohne Wein, es ist aber natürlich erlaubt, schmeckt dann aber einfach anders. Wer sich nicht sicher ist, einfach ausprobieren, wobei nur einmal am Anfang oder am Ende des Kochvorgangs Wein zugegeben werden sollte. Also ähnlich wie beim Risotto, mehrfache Zugaben zerstören den Geschmack bzw. verändern ihn negativ.  

Das servieren der Bouillabaisse kann, wer will, in drei einzelne Gänge aufgeteilt werden. Zu allererst nur eine reine Bouillabaisse mit gerösteten Weißbrotscheiben und Rouille, wobei hier, wer will, der Bouillabaisse noch einen gehäuften Löffel Crème fraîche vermischt mit einem Eigelb und mit fein geriebenen Knoblauch zugeben kann. Dann erinnert das Ganze an eine Bourride und wird nicht mehr mit Rouille, sondern mit einer Aioli sowie einigen geschälten frischen Knoblauchzehen und natürlich geröstete Weißbrotscheiben gereicht. Bei Erster streicht man etwas Rouille auf das Brot und leg es in die Bouillabaisse, bei Zweiter reibt man den Knoblauch auf dem Weißbrot und gibt dann Aioli darauf um das Ganze ebenfalls in die Bouillabaisse einzulegen.

Anschließend die Bouillabaisse mit den Kartoffelscheiben als zweiten Gang anrichten und zum Finale und gleichzeitig auch der größten Portion die Bouillabaisse mit den verschiedenen Fischfilets servieren. Natürlich kann man den zweiten und dritten Gang auch kombinieren.

Gar-Reihenfolge der Fische, zuerst:  in das sprudelnde Wasser mit dem Kopf zuerst die Favouilles (nur lebende!) zum aromatisieren, dann Roter und oder Grauer Knurrhahn, Roter Drachenkopf, Petersfisch. Etwas später dann Seeteufel, Meeraal, Rotbarbe etc.. Wer das Ganze noch mit Hummer oder klassisch wie bei Bacon mit Languste verfeinern will, sollte die Languste unbedingt separat zubereiten und später nur das Fleisch zur zugeben. Aus der Karkasse lässt sich selbstverständlich auch ein sehr feiner Fond zubereiten. 




Bouillabaisse
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Zutaten Fischfond/-bouillon (ohne Wein):

1 große braune Zwiebel, geviertelt, sauber mit Schale
2 Echalottes, geviertelt, sauber mit Schale
1 Stange Lauch/Porree, in Ringen
2 Stangen Bleichsellerie, grob gehackt
4 Stängel Blattpetersilie, ganz grob gehackt
1 Knoblauchzehe, angedrückt
2 Lorbeerblatt, geknickt
1,5 kg kleine Felsenfische bzw. Fischgräten (sehr gut von der Seezunge) und Köpfe, alles vom Tag, also ganz frisch!!!
12 weiße Pfefferkörner
etwas Olivenöl
1,5 l Wasser



Zutaten Bouillabaisse:

3 kg von Felsenfische aus dem Mittelmeer und Mittelmeerfische, s.o.
Fischfond/-bouillon (s.o.)
20 ml Olivenöl, extra vergine
2 Zwiebeln, mittelgroß, braun, feine Ringe
1 Stange Lauch, längst halbiert und in feinen Querstreifen
2 Tomaten, klein, ohne Haut, Samen und Stilansatz, geviertelt
4 Knoblauchzehen, frisch, geschält
2 Lorbeerblätter, frisch, geknickt
wildes Fenchelkraut oder ½ gestrichener TL Fenchelsamen
Schale ½ Bio-Orange, gerieben oder Julienne-Streifen
4 Zweige Thymian
2 Zweige Bohnenkraut
1 Messerspitze Piment d'Espelette (aus der Gorria Chili)
Meersalz
schwarzer Pfeffer aus der Mühle
4 Kartoffeln, geschält in dünnen Scheiben
3 Prisen Safranfäden, ruhig großzügig sein, man wird es ihnen danken
Rouille, s.d.
geröstete Weißbrotscheiben, dünn
Olivenöl zum Rösten



Küchenutensilien:

Musselin- bzw. Leinentuch zum filtern
ein sehr großer Küchentopf
ausreichend großes Sieb
offenes Feuer oder eine sehr stark heizende Kochstelle



Zubereitung Fischfond/-bouillon:

Fischgräten und Fischköpfe sehr kalt abspülen.  Alles außer den Fischteilen im Olivenöl glasig andünsten und mit dem Wasser aufgießen. Fischköpfe und -gräten hinzufügen und alles einmal aufkochen lassen, Hitze reduzieren, Deckel auflegen und für 25 Minuten ziehen lassen. Austretender Eiweißschaum mit dem Schaumlöffel alle 5 Minuten von der Oberfläche abschöpfen und dann alles durch ein sauberes (ohne Weichspüler gewaschenes) Musselin- bzw. Leinentuch abgießen und bis zur Verwendung kühl stellen. Geliert die Bouillon, ist die ein gutes Zeichen.



Zubereitung Bouillabaisse:

Die Fische sehr gut abspülen und ausnehmen, ich entferne dabei auch die Kiemen, die eigentlich keinen Geschmack abgeben aber oft mit kleinsten Parasiten besetzt sind. Die Köpfe am besten abtrennen und der Länge nach spalten, da sie so später viel mehr Geschmack an die Bouillon abgeben können.

Kartoffel waschen, schälen und in feine Scheiben schneiden. Vorbereiteter Fischfond/-bouillon aufkochen und neben den Bouillabaisse-Topf stellen.

Das Olivenöl erhitzen und die Zwiebeln, den Lauch und die Tomaten darin glasig dünsten. Knoblauch mit der flachen Seite des Gemüsemessers flach drücken und zusammen mit den Lorbeerblättern, Fenchelsamen, Orangenschale, Thymian, Bohnenkraut und dem Piment d'Espelette ebenfalls dazugeben und kurz mit dünsten bis sie zu duften anfangen (hier sind interessanter Weise die Inder viel weiter als wir, sie sagen dazu, schlecht übersetzt, der Duft der Kräuter verwandelt sich von „roh“ in „gekocht“). Nun das Meersalz und den schwarzen Pfeffer dazugeben.

Fischbouillon nochmals aufkochen. Zuerst die festen Fische (der obigen Reihenfolge entsprechend) auflegen und sparsam mit Fischfond/-bouillon aufgießen, so dass die Fische gerade damit bedeckt sind. Kartoffelscheiben dazugeben und stark erhitzen, sobald die Flüssigkeit kocht, die Strandkrabben mit dem Kopf zuerst einlegen. Für ca. 5 Minuten sprudelnd kochen lassen. Safranfäden mit den Fingern zerreiben und einstreuen, restliche Fische dazugeben und noch weitere 5 Minuten kochen, eventuell mit weiterer Bouillon aufgießen, so dass die Fische bedeckt sind. Topf von der Feuerstelle nehmen und für 8 bis 10 Minuten ziehen lassen, darauf achten, dass die Fische nicht zerfallen.

In der Zwischenzeit Weißbrotscheiben in Olivenöl goldbraun und rösch anrösten. Suppenteller vorbereiten.

Die Fische vorsichtig mit einem Fisch- oder großen Schaumlöffel aus der Bouillabaisse in eine Reine legen. Strandkrabben entfernen und die Kartoffelscheiben herausfischen oder später aus dem Sieb nehmen. Die Suppe durch ein Sieb passieren und warm stellen. Fische filetieren und ebenfalls warm stellen. Nach persönlichem Gusto (s.o.) in einem, zwei oder drei Gängen anrichten.


















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