Diesmal
nur ein Bericht:
Rehwild und Schwarzwild zerwirken
20120929toko
Den letzten Samstag im
Spessart mit einem privaten Kurs über das Zerwirken (küchenfertige Zerlegen von Wild)
verbracht. Zum ersten Mal mit der Waidmannsprache konfrontiert worden und so kann ich
die wenigen verstandenen Ausdrücke hier zweisprachig widergeben. Die Jäger
mögen mir eventuelle Fehler verzeihen.
Das
Wild, hier dreimal Schwarzwild (Wildschwein) mit zwei Bachen (weibliches
Wildschwein) und ein Frischling (Jungtier bis ein Jahr) und einmal Rehwild,
eine Ricke bzw. Geiß (weibliches Reh). Eine Bache und der Frischling hatten mit
ihren Kollegen ein Maisfeld in der Nähe verwüstet.
Das
Fleisch der Wildschweine war bereits auf Trichinen (Trichinenschau) untersucht
worden und ohne Beanstandungen (negativer Nachweis). Dazu wird eine Probe aus
dem Zwerchfellpfeiler bzw. Vorderlauf des Tieres entnommen und auf Trichinen
untersucht. Das Aufbrechen (entfernen der inneren Organe) bzw. Ausnehmen hatte
bereits im Wald und Feld stattgefunden. Damit die Füchse auch was zu fressen haben.
Der wirkliche Grund ist der, dass die Magen-Darm-Barriere bereits 45 Minuten
nach dem Tod des Tieres zusammenbricht und Bakterien und Keime die Bauch- und
Beckenhöhle verunreinigen können. Eine verstärkte Keimvermehrung durch die noch
bestehende Körperwärme des toten Wildes ist die größte Gefahr, dass das Fleisch
ungenießbar werden kann. Die Becquereluntersuchung (Belastung durch radioaktives
Cäsium / der gesetzliche Grenzwert liegt bei 600 Bq/kg) ist in diesem Gebiet
nicht notwendig.

Zuerst
ging es um Vor- und Nachteile zwischen hängendem und liegendem Zerwirken, sowie
über Vor- und Nachteile des Warmen (innerhalb 24 Stunden) bzw. Kalten (vorheriges
reifen des Wildes in der Kühlkammer über mehrere Tage) Zerwirkens. Das Betraf
auch die Wildbret- bzw. Lebensmittelhygiene und Hygieneverordnungen. Die große
Bache wurde warm zerwirkt, da die Trichinenuntersuchung mit Ergebnis noch am
selben Tag stattgefunden hatte. Man spart sich so das „kratzen“, alle
Mitbewohner, wie Zecken etc., bleiben dann noch im Fell und fallen nicht ab, da
das Tier noch nicht ausgekühlt ist und können mit entsorgt werden. Das Fell ist
auch das unhygienischste am Wild und sollte den Kühlraum nicht zu Gesicht
bekommen.
Wenn
das Wild ausgeblutet ist und abkühlt bzw. gekühlt wird, beginnt der
Reifeprozess des Fleisches. Das lebende Fleisch hat einen pH-Wert von um die 7
und fällt dann in den sauren Bereich mit einem pH-Wert von ca. 5,3. Jetzt
beginnt sich in der Muskulatur das Glykogen (Energiereserven in Form von Kohlenhydraten)
in Milchsäure umzuwandeln. Enzyme spalten die Eiweißmoleküle in den
Muskelfasern auf und machen es mürbe und locker. Gleichzeitig sorgt das saure Milieu
dafür, dass die Keimbildung behindert wird, was das Faulen des Fleisches verzögert.
Hier,
wurden die Wildschweine und das Reh liegend und nicht hängend abgeschwartet
bzw. aus der Decke geschlagen (jeweils das Fell abgezogen) natürlich unter Zuhilfenahme
eines Flaschenzugs. Was vor allem für den ungeübten einfacher ist, da sich ein
Tier liegend auch alleine drehen lässt und die Gefahr geringer ist, dass man
sich selbst mit dem Messer verletzt, da die Tiere z.B. nicht durch einen Sehnenriss
nach dem Aufhängen herunterfallen können. Hängend bedeutet, dass die Tiere an
den Hinterläufen zwischen Sehnen und Knochen an Haken aufgehängt werden. Die
eine Bache hatte im Übrigen ein Gewicht von ausgenommen 110 kg. Was anscheinend
nicht gerade wenig ist.
Die
Fleischausbeute ist bei dem Schwarzwild, unabhängig vom Alter, immer gleich,
ca. 1/3 gehen für das Fell drauf, danach ca. 30 Prozent für Knochen, 25-30
Prozent Fleischabfälle (dazu zählt auch der Bereich der Schusswunde und
Hämatome, also die Blutergüsse) und letztendlich 40-45 Prozent Fleisch für den
Verzehr, was ca. 30 Prozent vom Gesamtgewicht entspricht. Bei dem Reh war es etwas
mehr, ca. 40 Prozent vom Gesamtgewicht. Wenn man aber nicht selbst verwurstet,
sind die Verluste noch höher, ca. 50-60 Prozent des Wildfleisches sind
heutzutage nicht mehr am Stück verkaufbar, werden als Stück beim Metzger nicht
mehr nachgefragt.
Zur
Schärfe des Messers: Gerade beim Abschwarten des Wildschweins ist ein sehr
scharfes Messer, wobei die Klinge an der Messerspitze auch sehr scharf sein muss,
von Vorteil. Später zeigte sich aber, dass beim Abschneiden der dünnen
Muskelhäute und Sehnenreste ein nicht zu scharfes Messer von Vorteil ist. Das
Messer sollte zwischen dem Muskelgewebe und dem anhaftenden hautartigen
Bindegewebe beim Schneiden durch gleiten, das Abtrennen nicht öfters die Häute
durch schneiden. Das hängt aber auch von der Zeit ab, die man mit dem Zerwirken
verbringen will. In der Metzgerei geht das natürlich schneller und da wird auf
ein schönes Endprodukt geachtet und nicht so auf eine komplette Fleischausbeute,
da die Abschnitte am Schluss in die Wurst kommen. Benutzt wurde eine
Knochensäge und Messer vom Typ Ausbein- (mit steifer Klinge und geradem Lauf,
Klingenlänge ca. 15 cm) und ein Filiermesser (mit flexibler Klinge und
geschweiftem Lauf, Klingenlänge ca. 12 cm) aus dem Metzgereibedarf mit
Kunststoffgriff. Ihr ständiger Begleiter war ein Drahtbügelabzieher von Dick
Type Master Steel HyperDrill. Später wurde noch kurz ein Rippenzieher im
Einsatz gezeigt, für den Heimbedarf reicht aber auch die Schlinge, wenn man
sich überhaupt die Arbeit machen will bzw. nicht die Rippen zum Üben für das Arbeiten
mit dem Messer nimmt. Für den Anfänger kann auch ein Kettenhandschuh
(Stechschutzhandschuh) in vielen Situationen mitunter nicht verkehrt sein.
Schwarzbild
abschwarten (enthäuten):
Die
große Bache wurde als erstes liegend auf dem Zerwirktisch abgeschwartet. Die
Schwarte (Fell) kann nicht so einfach abgezogen werden, wie beim Rehwild,
sondern muss fast komplett mit dem Ausbeinmesser geschnitten werden, da das
Unterhautfettgewebe mit der Schwarte verwachsen ist. Die Schwarte war vorher außen,
wie natürlich auch die Körperhöhle, mit Wasser hängend gereinigt worden. Dazu wurde jeweils an den Hinterläufen ein Schnitt zwischen Knöchel und Achillessehne gemacht und dort ein Haken eingesetzt und mit Seilwinde und Ketten aufgehängt.
Beim
Zerwirken/Abschwarten ist darauf zu achten, dass die Schneide des Messers im Kopfbereich
nicht mit den Haken (Zähnen) in schneidende Berührung kommt, da diese ein
Messer ruinieren können.

Das
Schild (zwischen Kamm und Vorderlauf), die Stelle am Körper des
Wildschweins, wo es sich an Baumstämmen (Mahlbäumen) reibt, verhornt stark
durch dieses Reiben. Was bei Eintritt der Kugel mit zu kleinem Kaliber an
dieser Stelle zu großflächigen Hämatomen führen kann. Da ich absoluter Laie
bin, möchte ich aber hier keine Kaliber bzw. Geschossgrößen Diskussion
lostreten. Hier wurde mit 9,3x62 RWS DK 14,5 g. bzw. 9,3x74RWS DK 14,5 g.
gejagt (unter 200 m). Diese Dimension bringt den Vorteil, dass Wildbretentwertung
(Fleischqualität) und Fluchtstrecke (zurückgelegte Strecke bis zum Eintritt des
Todes) zufriedenstellend ausfallen. Das bedeutet, die Kugel durchschlägt in der
Regel das Tier, ohne größere Schäden im Fleisch zu hinterlassen und führt vor
allem aber zu schnellem Tod. Die Fleischqualität bleibt erhalten, da das Tier
nicht mehr große Strecken zurücklegt und übermäßig Glykogen abbaut, welches
nach dem Tod für die qualitativ hochwertige Fleischreifung in der Kühlung
benötigt wird. Entscheidend bleibt aber, wo die Kugel sitzt, damit also die
Schießfertigkeit des Jägers abhängig von den Revierverhältnissen. Ein Kammer- bzw. Trägerschuß ist für eine gute Wildbret Verwertung wünschenswert. Ein Treffer in die Weichteile des Tieres sollte unbedingt vermieden werden.
Um wieder zurück zum Anfang zu kommen. Das Schild verhindert die Wärmeabgabe, so dass die
Kerntemperatur nicht schnell genug bei großen Tieren abfallen kann, auch nicht
in der Kühlung. Dies vermindert wiederum die Fleischqualität wenn nicht zügig abgeschwartet wird. Das
Fleisch von Wildschweinen hat einen geringeren Fettgehalt, als das Fleisch von
Hausschweinen, ist aber natürlich höher wie bei Hirsch oder Reh. Die Innereien
des Wildschweins wie Leber, Herz, Zunge wurden nicht verwendet bzw. vom Jäger
beansprucht.
Die
tranchierten Stücke des Wildschweins können vakuumiert tiefgekühlt werden,
sollten aber wegen des hohen Fettgehalts nicht länger als 6 Monate eingefroren
werden, zumal Frischware ja fast ständig zu haben ist. Vor dem tiefkühlen,
vorsichtshalber zur Vermeidung des ranzig werden, die sichtbaren Fettanteile
(Feist) auf dem Fleisch wegschneiden.
Für
das Abschwarten wurden zuerst die Schweinsfüße mit Schwarte kurz vor dem Gelenk
mit der Sehne abgetrennt. Dabei wird ein wenig Platz zum Gelenk gelassen, damit später
die Sehne nicht reißt, die Sprunggelenke freigelegt und die Schwarte rundherum
abgelöst und bis zur Innenseite der Keulen aufgeschnitten. Der Pürzel mit der Säge (schont das Messer) entfernt.
Auf der Bearbeitungsseite am Vorderlauf wird die Schwarte bis zum Brustbein
aufgeschnitten. Die Schwarte an der Keule abgezogen. Jetzt der Rippenbogen und
Bauchlappen freigeschnitten. Die Schnitte zum Abschwarten werden parallel zur
Körperlänge geführt. Am Schildbereich wird der ganze Rückenspeck komplett
weggeschnitten. Die gelöste Schwarte dabei die ganze Zeit mit einer Hand gespannt. Vorher wurde ein
handbreiter Schnitt durch die bereits gelöste Schwarte gemacht und dieser als Griff zum
abziehen (Zughilfe) benutzt. Nach abschwarten der halben Schweinehälfte wird der Kopf und
der Träger (Hals und Nacken) freigelegt. Wer den Wurf (Nase) nutzen möchte
macht einen Rundschnitt davor und löst so die Schwarte ab. Nun die Schwarte bis
fast zur Hälfte des Tieres, kurz vor dem Rücken gelöst. Die Schwarte wieder
aufgelegt, um Verunreinigungen zu vermeiden und das Tier gewendet und auf der
anderen Seite genauso verfahren.
Der
Kopf wird vom Nacken (Träger) am Atlasknochen (1. Halswirbelknochen) von innen
zusammen mit den dort befindlichen Sehnen und Muskeln getrennt. Wer die Backen
möchte, diese vorher rausschneiden. Die Backen wurden durch Längsschnitte auf
Abszesse bzw. Fisteln (typisch für Wildschweine) überprüft. Der Kopf (Maske)
fand keine Verwertung.
Die
Schalen (Läufe) sind bereits abgetrennt worden. Nun werden die beiden Blätter
(Schulter) vom Körper getrennt. Die Muskelstränge und das Bindegewebe werden
dabei als Orientierung für den Schnitt genutzt. Durch anheben des Blattes mit
einer Hand und schneiden mit der anderen zwischen den Muskeln am Bindegewebe
entlang, können die beiden Blätter sauber gelöst werden.
Nun
oben an den Keulen die Filetköpfe herausschneiden, dazu mit dem Finger am Filet
nach oben bis zu den Filetköpfen entlangfahren und dort die Köpfe mit einem
Rundschnitt ablösen. An der Rückgratseite die Filets abtrennen und mit dem
Messer die Köpfe ganz herausschneiden und vorsichtig nach unten heraustrennen.
Mit
dem Messer eine senkrechte Linie an den Rippen anzeichnen, und mit der Säge oder
Aufbruchzange die Rippenstücke abtrennen.
Den
Hals/Nacken (Träger) vom Rücken trennen, indem hinter dem 5. Halswirbel die Sehen
und das Muskelfleisch durchschnitten und dann der Träger am Halswirbel abgesägt
wird.
Das
Schloss (Knorpel im Beckenboden) wird geöffnet und der Beckenknochen geteilt. Die
Keulen werden vom Schloss bzw. Pürzelansatz her bogenförmig ausgeschnitten, einmal
in Richtung Hüftgelenk und dann in Richtung Rückgrat. Die Keule aus der Pfanne
drehen und mit dem Messer Sehnen und Bindegewebe trennen.
Rehwild
aus der Decke schlagen:
Die
Ricke (weibliches Tier) die nun zum zerwirken kam, hing bereits drei Tage in
der Kühlkammer. Das Abziehen der Decke (Fell des Rehs) beginnt wieder mit einem
Schnitt an den Fußwurzelknochen und weiter entlang der Innenseiten der Läufe
bis einmal zum Schloss (Knorpel des Beckenboden) und auf der anderen Seite bis
zum Brustbein. Die Unterläufe (Schalen) wurden mit der Säge abgetrennt, man
kann aber auch an der Verdickung der Gelenkwulst den Knochen brechen und Sehen
und Fleisch durchtrennen. Während an den Läufen das Messer einige Male benutzt
werden musste, konnte die Decke ansonsten durch kräftiges Ziehen vom Körper
gelöst werden. Die Reihenfolge ist dieselbe wie beim Schwarzwild. Ein
Griffschnitt in die Decke war nicht nötig.
Die
wertvollsten Teilstücke des Rehfleischs sind der Rücken mit den Filets an der
Innenseite und die Keulen (Schlegel). Die Keule besteht aus Ober- und
Unterschale, falsches Filet sowie der Nuss. Weiterhin am Stück verwertbar sind die
Schulter, Blatt genannt und der Hals (Träger). An Innereien von Bedeutung sind
Herz, Leber und Nieren, sie gehören aus Tradition dem Jäger, dazu gehört auch
die Zunge. Die Rippen werden, wegen des Zeitaufwands für das Schälen der Rippen
nur noch selten genutzt.
Zuerst
wird der Kopf am Atlasknochen abgetrennt, dies geschieht über den offenen
Träger durch einen bogenförmigen Schnitt bis zum Atlasknochen auf beiden
Seiten, dann wird der Kopf überdehnt und die Sehnen an den Halswirbeln durchtrennt.
Die
Klauen (Schalen) sind bereits abgetrennt, können aber auch durch trennen der
Sehen am Gelenkspalt und anschließendem drehen der Stehle am unteren Gelenk
getrennt werden.
Für
das Abtrennen der Blätter (Schulter) werden diese vom Körper abgespreizt und
innen zwischen Blatt und Stich entlang des Bindegewebes/Häutchen abgetrennt.
Die
Flanken werden am hängenden Tier senkrecht nach unten angeschnitten, dabei dürfen
die innen liegenden Filets/Lenden nicht verletzt werden.
In
den Keulen die Filetköpfe von der Keule lösen, dann ein Schnitt entlang der Innenseite
des Filets nach unten und eventuell unter Zuhilfenahme des Messers die Filets von
oben ablösen und nach unten herausziehen.
Mit
dem Messer dann auf der Innenseite der Rippen (Stich) eine Hilfslinie links und
rechts ziehen und die Rippenstücke absägen oder mit der Aufbruchzange die
Rippen durchtrennen bzw. schneiden. Auch eine Astschere funktioniert gut dafür
und lässt die Knochen nicht splittern.
Zwischen
4. und 5. Rippe einen Schnitt an beiden Seiten ansetzen und den Träger
(Hals/Nacken) absägen bzw. schneiden. An den Keulen ebenfalls auf beiden Seiten
einen Schnitt durchführen und das Rückgrat durchsägen oder abknicken und schneiden.
Die
Keulen werden vom Wedel (Schwanz) zwischen den Muskelsträngen entlang zum
Kugelgelenk hin ausgelöst. Auf der anderen Seite wird der Schnitt von außen
kommend halbkreisförmig bis zur Pfanne des Beckens (Schloss) geführt. Die Keule
lässt sich dann durch Drehbewegungen der Keule parallel zum Wildkörper und mit
Sehnenschnitten aus dem Gelenk drehen. Die andere Seite entsprechend
Seitenverkehrt.
Hier noch ein Bild vom Hämatom der Ricke vom Einschuß.
zum
Hirsch-Filet (Filet zerwirken und Rezept),
zu
Hirsch-Rücken bzw Hirsch-Karree (Karree putzen und Rezept),
Stand:
26.12.2014
wird fortgesetzt…